Wenn wir etwas wollen oder etwas sollen, dann müssen wir Menschen miteinander reden. Wir müssen kommunizieren um unsere Gedanken, Wünsche, Pflichten und Meinungen kundzutun. Wir müssen Worte finden und ebenso nutzen. Zum Austausch. Zum Miteinander.
Ich liebe Kommunikation. In eine Familie geboren, in der der Großvater jeden Stil an Sprache erlaubte. Das Höfliche, das kindlich Fordernde, das Grenzen Austestende, das Liebevolle. Wünsche äußern, über Ängste sprechen, Überzeugungen mitteilen, sich streiten, doch nie das Wort füreinander verlierend.
Und heute?
Beobachte ich meine Umwelt und frage mich: Wann haben wir aufgehört miteinander zu sprechen?
Wo sind unsere kleinen bescheidenen Werte eines „Bitte“ und „Danke“? Eines „Guten Morgen“, „Guten Tag“, eines „Tschüss“ und „Auf Wiedersehen“. Warum tun wir so, als wären unsere Mitmenschen unsichtbar? Als wären sie alle taub oder zumindest stark schwerhörig?
Letzte Woche stand ich an einer Supermarktkasse. Ein Paradies der Kommunikation. Nicht. Der Kunde vor mir packte seine 5 Artikel aufs Band. Ich meine geschätzten 15. Während ich also meinen Einkaufswagen leerte, bemerkte ich eine gewisse Unruhe im Rücken. Stillschweigend und doch irgendwie lautstark kommunizierend holt der Kunde vor mir, seinen Kumpel (nein, es waren keine 18-jährigen coolen Jungs, sondern geschätzte 55-jährige Weltversteher) inkl. zweier Rotweinflaschen nach vorn. Ich guckte irritiert, packte aber erst mal weiter meinen Wagen aus. Während ich die Lauchzwiebeln aus meinem Einkaufswagen angelte, entstand wieder im Heck meiner Selbst eine Unruhe. Nun kam Kumpel Nr. 2 samt Ehefrau, Kopfsalat, Baguette und Strauchtomaten ins Spiel. Ich stand also mit meinen Lauchzwiebeln Arm in Arm an der Kasse und überlege.:
Möglichkeit 1:
Ich lasse die Situation, wie sie ist. Ärgere mich den ganzen Tag, ach was sage ich, das ganze Wochenende über diese Kommunikation-Rüpel
oder
Möglichkeit 2:
Ich kommuniziere!Erwähnte ich, dass ich Kommunikation echt liebe?
Ich beginne mein Gespräch mit einem Lächeln. Gefolgt mit einem freundlichen Blick und einem vorsichtigen „Schade.“ Die Ehefrau und der Kopfsalat gucken mich lächelnd an. (Wie gut das es auch nonverbale Kommunikation gibt!)
„Schade!“ wiederhole ich. „Wären es junge Menschen gewesen, die sich so vorgedrängelt hätten, Sie hätten bestimmt etwas gesagt, oder? Verstehen Sie mich nicht falsch, es hätte sich nichts an der Situation geändert, aber ich hätte es total toll gefunden, wenn Sie mich einfach gefragt hätten, ob ich Sie vorlassen würde. Ich hätte Sie vorgelassen, aber ich bin ein Freund der Kommunikation. Des miteinander Sprechens, auch an einer Supermarktkasse.“ Die Ehefrau mittlerweile ohne Kopfsalat sagt: „Da haben Sie recht!“ Der offizielle Kunde vor mir brüllt zur Kopfsalatlosen Ehefrau: „Was will sie?“ Ich nehme ihr die Antwort ab: „SIE WILL, dass man mit ihr spricht!“
Kommunikation kann ein Geschenk sein. Eine Leidenschaft. Eine Hingabe. Kommunikation kann ein Gefühl sein. Ein Gefühl von Zusammengehörigkeit, Interesse und Wertschätzung. Und ja Kommunikation tut manchmal auch weh. Ein einfaches „Bitte & Danke“ im Alltag vermutlich nicht.