Herr Lehrer, Herr Lehrer!

Bild von succo auf Pixabay

Letzte Woche fuhr ich mal wieder mit der Bahn. Durch mehrere Zugausfälle und so manch andere Störungsmeldung in der DB-App war ich auf alles vorbereitet. Naja, auf fast alles! 

Wir rollten in den Husumer Bahnhof ein und ich freute mich über die bisher doch störungsfreie Fahrt. Vielleicht sollte die Deutsche Bahn zukünftig einfach alle möglichen Störungen in ihre App schreiben, mir scheint, dann passieren diese einfach nicht? Nun ja … in Husum angekommen, stürmten Jugendliche den Waggon, in dem ich bis dahin tatsächlich fast alleine saß. „Ehhh Alter! Deutschland!“ brüllte der Bub, während er sich auf einen 4er-Sitz fallen ließ. Wums! Da saß er und seine Freunde fluteten förmlich den Waggon. Ich richtete mich in meinem Sitz auf und kam mir schlagartig mit meinem Buch in der Hand spießig vor. Zu den vielen Jugendlichen gehörten auch 5 Lehrer. 4 Frauen, ein Mann. Eine der Lehrerinnen sah mich fast mitleidig an, jedenfalls kam es mir so vor. Sie wollten noch einen Waggon weiter, doch da war die Klimaanlage ausgefallen und so blieben sie um mich rum verteilt. An Lesen war nicht mehr zu denken und die Musik auf meinen Kopfhörern ging nicht mehr lauter, um dieses Spektakel auszublenden. Okay, Herausforderung angenommen. 

Während sich die Lehrer:innen den Mund wahrlich fusselig redeten: „Setzt Euch bitte hin!“ , „Geht es bitte ein bisschen leiser?“ , „Lasst die Masken auf!“ testeten die Schüler ihre Grenzen aus. Ich hörte ihnen zu und beobachtete. Ein Schüler suchte sein Handy, ein weiterer hatte Durst, der andere war müde, alle mussten zur Toilette. Der Lehrer sagte einem Schüler: „Nein, RedBull ist auf einem Schulausflug verboten. Keine koffeinhaltigen Getränke. Schluss. Aus!“ – „Aber Herr Lehrer, Herr Lehrer es ist doch Taurin!“ entgegnet der Schüler lächelnd. 

Und dann beschenkte uns alle die Deutsche Bahn mit 70 Minuten Verspätung. Der Wahnsinn brach aus und die Lehrer konnten die Schüler nicht mehr auf ihren Sitzen halten. Die Schüler wollten nichts mehr hören und die Lehrer nichts mehr sagen. Ich mittendrin dachte, ob wir nicht einfach alle ein Gedicht auswendig lernen könnten und merkte im gleichen Moment, wie lächerlich mein Vorschlag wäre. 

Während der eine Schüler sein Handy nun wieder gefunden hatte, plagten den anderen Sorgen, dass seine Mutter ihn schlägt, wenn er soviel später nach Hause kommt. Die Lehrerin beruhigte ihn und versprach, sie würde die Mutter gleich anrufen. Was für ein Wahnsinn … dachte ich still.

Endlich angekommen, sagte ich zu dem Lehrer nur zwei Worte: „Meine Hochachtung!“ und es sprudelte nur so aus ihm heraus. Eine Entschuldigung, Erklärungen, Wut auf die Deutsche Bahn und der Wunsch nach Feierabend.

Ich erwischte mich bei dem „Früher war alles besser!“-Gedanken und gestand mir ein, dass wir selbst als Schüler:innen auch mal Mist gebaut hatten, doch das Wort, die Aufforderung der Lehrer hatte für uns immer auch noch eine Bedeutung, die es umzusetzen galt.  

Ich hatte zu jedem Zeitpunkt das Gefühl, die Lehrer:innen wussten genau, was sie taten. Und ja, ich hätte jederzeit aussteigen oder mich umsetzen können, tat es aber nicht, denn uns alle verband ein einziger Wunsch … wir alle wollten einfach nur nach Hause. 

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