Manchmal geht es im Leben nicht mehr weiter und spätestens dann sollte man über einen Besuch beim Psychologen nachdenken. Aber über diese Art der professionellen Lebenshilfe dreht sich ja bekanntlich das gesellschaftliche Meinungskarusell schnell in alle Richtungen. Ist es tatsächlich Schwäche oder Stärke?
Auch für mich kam eines Tages der Moment, an dem es höchste Zeit wurde jemand Außenstehenden um wegweisende Hilfe zu bitten. Es hatten sich so manche familiäre, wie auch berufliche Situationen in mein Leben geschlichen, die für mich allein nicht mehr zu bewältigen waren.
So saß ich eines Tages mit dem, damals noch auf Papier gepressten Telefonbuch in der Hand, auf dem Fußboden meiner Einraumwohnung und suchte nach einer Psychologin. Ich hatte keine Ahnung, nach welchen Kriterien man einen Psychologen aussucht, und entschied mich für die mit dem auffälligsten Namen. Dass ich mich eher einer Psychologin, als einem Psychologen anvertrauen wollte, hatte wohl mit der Art meiner Seelenlast zu tun.
Dass ich mich an diesem Tag aber nicht nur für eine Psychologin, sondern für einen neuen und durchaus Energie fordernden Lebensweg entschied, war mir nicht sofort klar. Ich bekam schnell einen ersten Termin. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Und um das bekannteste Vorurteil zu erfüllen, gab es im Behandlungszimmer natürlich eine Couch, aber auch ein Bücherregal und andere raumfüllende Dekoration und das Lächeln der Therapeutin. „Tach.“ man versucht sich eben kennenzulernen und zu entscheiden, ob man sich mag oder wie sie sagen würde „ob man miteinander arbeiten kann.“
Wir konnten von Anfang an gut miteinander arbeiten. Ich fühlte mich beschützt und geschützt. War bereit meine Tränen in ihre Taschentücher zu weinen und mich mit ihr an Lebenskreuzungen zu stellen, an denen ich mich für einen neuen Weg entscheiden musste. Ihrer Hilfe und Anwesenheit war ich mir jederzeit sicher. Ich entwickelte Mut und Zuversicht, verstand, warum ich in gewisse emotionale Situationen geraten war und an welchen ich keine Schuld trug. Aus Lebensangst wurde Lebensmut.
Irgendwann fühlte ich mich mutig und stark genug ohne psychologischen Kompass durchs Leben zu gehen. Ich sagte die letzten beiden Termine telefonisch ab und zog wenige Wochen später in eine andere Stadt.
Im April 2016 … 13 Jahre nach unserer letzten Begegnung wählte ich erneut ihre Telefonnummer. Der Text auf dem Anrufbeantworter der psychologischen Praxis war noch derselbe wie damals. Ich hinterließ eine Nachricht. 6 Stunden später hörte ich die vertraute Stimme und wir standen wieder gemeinsam an meiner Lebenskreuzung. Ihrer Hilfe und Anwesenheit war ich mir auch jetzt wieder sicher.
Kurze Zeit später entschied ich mich für einen vielleicht holprigen Weg. Sie schützte mich mit ihrem Wissen, ihren Gedanken, ihren Anregungen und ging mit mir mit. Ein letztes Mal, denn diese Entscheidung brachte eine langjährige Geschichte zu einem guten Ende.
Unser letztes Telefonat ist noch keine 48 Stunden her. Was sagt man jemandem, dem man einst alles anvertraute und von dem man sich nun (vermutlich) lebenslänglich verabschiedet? Wir entschieden uns für ein „Alles Gute!“
Liebe Frau B.,
vielen Dank für Ihre Arbeit und Ihren Mut. Für Ihre Ausdauer an so mancher Lebenskreuzung mit mir auszuharren. Ich danke Ihnen für Ihr psychologisches Feingefühl und Ihr offenes Herz. Für Ihre Professionalität und Ihre warme Hand. Ich danke Ihnen für Ihre Zweifel und Ihre ausgesprochenen Sorgen und dafür, dass Sie mir meinen Seelenschlüssel in Würde zurückgegeben haben!
Verrückt, wenn man das Vergangene endgültig abschließt und feststellt, so manchem Menschen von einst würde man auch gern in der Zukunft wieder begegnen!
Alles Gute!
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